Philipp Kraemer ist Direktor für Strategisches Wachstum & Digitalisierung bei der österreichischen CCE.
Welche Chancen und Herausforderungen gibt es für Geschäftskonzepte mit eigenständigen Batteriespeichersystemen (BESS) in europäischen Märkten wie Deutschland, Italien, Frankreich, den Niederlanden, Rumänien und Österreich?
Experte Philipp Kraemer von CCE teilt seine Analyse.
Der regulatorische Rahmen für BESS in Europa wird von EU-Richtlinien geprägt, die den Übergang zu saubereren Energiequellen beschleunigen sollen. Zu den bedeutenden politischen Maßnahmen zählen das Clean Energy for All Europeans Package und der Europäische „Green Deal“, die die Nutzung von Energiespeichertechnologien fördern. Allerdings setzt jedes Land diese Regelungen individuell und in unterschiedlichem Tempo um, was die Attraktivität von BESS-Investitionen erheblich beeinflussen kann. Diese Vorschriften betreffen unter anderem:
- Marktzugang und Teilnahmebedingungen
- Tarife und Gebühren für Stromverbrauch und -speicherung
- Anreize und Fördermechanismen für erneuerbare Energien und Speicherlösungen
- Sicherheits- und Umweltstandards für Energiespeichertechnologien.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle und Marktentwicklungsstände
Einnahmen für BESS ergeben sich aus verschiedenen Quellen, darunter Energiearbitrage, Kapazitätsmärkte, Frequenzregeldienste und Hilfsdienste. Die Verfügbarkeit dieser Einnahmequellen variiert je nach Region, abhängig von Marktstrukturen und Vorschriften. Die Marktreife spiegelt den Entwicklungsstand des Energiemarktes, die Verbreitung von Technologien und das Investitionsklima für BESS-Projekte wider. Reife Märkte bieten in der Regel eine robustere regulatorische Unterstützung und etablierte Geschäftsmodelle.
Analyse ausgewählter Länder
Deutschland
Deutschland ist der am weitesten entwickelte Markt für CCE in Kontinentaleuropa. Mit einem dynamischen Umfeld hat CCE derzeit ein Projekt im Bau und drei weitere in Vorbereitung mit einer Gesamtleistung von etwa 50 MW. Ziel ist es, das operative Portfolio bis 2026 auf rund 250 MW zu erweitern.
Die Entwicklung des Marktes schreitet schnell voran: Die Investitionskosten (CAPEX) sind seit Jahresbeginn um rund 30 % gesunken, während sich Strategien zur Vermarktung und Finanzierung verbessern. Ein Hauptengpass bleibt jedoch die Verfügbarkeit von Netzanschlüssen, da lokale Netzbetreiber zunehmend zurückhaltend auf den Betrieb von Speichersystemen reagieren. Regulatorische Maßnahmen sind entscheidend, um klare Leitlinien für die dezentrale Rolle von BESS bei der Netzstabilisierung zu schaffen.
Italien
Italien unterstützt die Integration erneuerbarer Energiequellen und Speichersysteme durch angemessene Regulierungen. Politische Maßnahmen fördern Energieeffizienz und Dekarbonisierung. Obwohl der Markt wächst, sind die Einnahmemöglichkeiten im Vergleich zu Deutschland begrenzter, da der Markt für Hilfsdienste weniger entwickelt ist. CCE arbeitet an einem Portfolio von über 1,3 GW an BESS-Projekten in Italien.
Frankreich
Frankreich befindet sich in einer frühen Phase der Marktentwicklung. Die regulatorischen Rahmenbedingungen fördern jedoch die Nutzung von Speichern, insbesondere durch das Mehrjährige Energieprogramm (PPE). CCE entwickelt derzeit drei Projekte, wobei die Stabilität des Netzes aufgrund der hohen Grundlastkapazitäten eine Herausforderung darstellt.
Niederlande
Die Niederlande verfügen über ein fortschrittliches regulatorisches Regime und bieten Anreize für innovative Speichersysteme. Trotz Verzögerungen bei Netzanschlüssen zeigt der Markt hohes Potenzial, insbesondere bei der Integration von BESS in bestehende PV-Systeme.
Österreich
Die regulatorischen Rahmenbedingungen für BESS in Österreich werden sich voraussichtlich mit der neuen Regierung verbessern. Der Markt für eigenständige Systeme ist derzeit begrenzt, zeigt jedoch eine ähnliche Entwicklungsdynamik wie in Deutschland.
Rumänien
Rumänien holt schnell auf, insbesondere durch verkürzte Genehmigungsphasen und die Förderung von BESS in PV-Projekten. Ein moderner Fonds in Höhe von 150 Mio. EUR unterstützt die Entwicklung des Marktes.
Status Quo und Perspektiven
Der strategische Wert eines Netzanschlusses ist in jedem Land sehr hoch und stellt den eigentlichen Engpass der Energiewende dar. Dies gilt zweifellos für alle Länder.
Eine europäische Koordination wäre wünschenswert, insbesondere auf der Ebene der Netzbetreiber. Die jeweiligen Herausforderungen und regulatorischen Initiativen könnten durch einen Erfahrungsaustausch gespiegelt werden. Es gilt zu definieren, warum Flexibilität im Zentrum steht, um Netze widerstandsfähiger zu machen, und wie Speichersysteme zur Netzneutralität und Effizienz beitragen können. Auch wenn es sich oft um lokale Gegebenheiten handelt, muss es eine breitere Akzeptanz dafür geben, warum Speichersysteme so wichtig für den Ausbau unseres Energiesystems sind.
Siehe auch: Optimierung von Energiespeichern – Kostenfunktionen und Strategien für langfristige Erträge
Eine weitere allgemeine Herausforderung besteht im Übergang von eigenständigen BESS-Projekten hin zu sogenannten Co-Location-Modellen, bei denen BESS mit PV- oder Windkraftanlagen kombiniert werden. Neben regulatorischen Fragen ist diese Kombination von Technologien strukturell und in Bezug auf die Vermarktung hochkomplex. Geschäftsmodelle müssen individuell betrachtet werden, und je nach den lokalen Parametern, die in diesem Artikel beschrieben wurden, kann ein eigenständiges Projekt oft attraktiver sein als ein kombiniertes Projekt.
Zusammenfassend zeigt die vergleichende Analyse unterschiedliche Niveaus an regulatorischer Unterstützung, Einnahmepotenzialen und Marktreife. Deutschland und die Niederlande stechen als führende Beispiele hervor, während Italien und Frankreich wachsendes Interesse und Potenzial zeigen. Österreich und Rumänien befinden sich hingegen noch in der Entwicklung ihrer Infrastrukturen und Regulierungsrahmen.